Beitrag zum „vernetzten Individualismus“

Gerade ist in den „Katechetischen Blättern“ ein Beitrag von mir erschienen, der die sozialen Phänomene hinter Facebook und Co. (= onlinebasierte soziale Netzwerkdienste) versucht zu beschreiben.

Filipović, Alexander (2013): Individualismus – vernetzt. In: Katechetische Blätter 138 (3), S. 164–169.

Ich stütze mich in meinem Beitrag wesentlich auf das Buch „Networked. The New Social Operation System“ von Harrison Rainie und Barry Wellman. Hier die Einleitungssätze meines Beitrags:

Die digitale Welt der Kommunikation beeinflusst unser Leben in grundlegender Weise. Hinter unserem Gebrauch vom Internet, den mobilen, internetfähigen Geräten und hinter unserer Kommunikation in den sogenannten Social Media zeigt sich ein Muster, das zu einem neuen Paradigma menschlicher Interaktion, zu einem neuen Denkmodell und einer neuen Leitidee des menschlichen Selbstverständnisses schlechthin avanciert. Vernetzung scheint ein Begriff zu sein, der diese Veränderung am treffendsten auf den Punkt bringt. Damit wird nicht, wie man denken könnte, die Individualisierung rückgängig gemacht. Vielmehr ist von einem vernetzten Individualismus die Rede. Das vernetzte Individuum ist der Mensch der digitalen Internetwelt und der vernetzte Individualismus ist das neue soziale Betriebssystem (vgl. Rainie/Wellmann 2012).

Geht man von der These einer grundlegenden Veränderung der Kommunikations- und damit der Lebensweisen in der Welt der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten aus, kann man zunächst nach den Auslöse- und Beschleunigungsfaktoren dieses Wandels fragen. Sie werden als soziale und technische Innovationen auf dem Weg zum vernetzten Individualismus vorstellig (1). Wie dieses Paradigma als Praxis realisiert wird, zeigt sich exemplarisch daran, wie Beziehungen und Familien im Modus der Vernetzung »stattfinden« (2). Diese Ergebnisse verschränken sich mit den im Prinzip schon länger bekannten und auch bedrohlichen Phänomenen einer Mediengesellschaft, die mit Virtualität und Inszenierung medienphilosophisch auf den Begriff gebracht werden (3). In einem kurzen Ausblick werden daraus einige grundsätzliche Anforderungen an Erziehung und Bildung in einer Gesellschaft des vernetzten Individualismus deutlich (4).

(Quelle: Filipović 2013, 164)

Das ganze Heft (H. 3 der Katechetischen Blätter 2013, Jg. 138) steht unter dem Thema „Social Media“ und ist vor allem für Pädagogen lesenswert. Hier geht es zur Website des Verlags (Editorial und einige weitere Texte sind einsehbar).

Literatur

  • Filipović, Alexander (2013): Individualismus – vernetzt. In: Katechetische Blätter 138 (3), S. 164–169.
  • Rainie, Harrison; Wellman, Barry (2012): Networked. The new social operating system. Cambridge, Mass: MIT Press.

Web 2.0 in der Perspektive kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit

öa kirchAm Freitag (15.01.2010) war ich zu Gast beim 7. Forum für kirchliche  Öffentlichkeitsarbeit (*.pdf) zum Thema „Web 2.0 – und was nun? Neue Kommunikationsinstrumente für die Gewinnung und Information von neuen Zielgruppen“. Leider konnte ich nicht die ganze Tagung besuchen, so habe ich Jan Schmidts Beitrag verpasst (seine Folien bei slideshare).

Selbst hatte ich die Aufgabe, einen Beitrag von Bischof Dr. Gebhard Fürst zu kommentieren. Bischof Fürst skizzierte (in seiner Funktion als Vorsitzender der publizistischen Kommission der DBK) die Position der Deutschen Bischofskonferenz zu den kirchlichen Bemühungen im Bereich der Neuen Medien. Vor allem setzen die Bischöfe auf Bewegtbilder und arbeiten an einer Plattform, auf der sie die Beiträge publizieren können; der Relaunch von www.katholisch.de steht wohl dieses Jahr bevor.

Mich verwirrt die starke Fokussierung auf Internet-TV ein bisschen, da ich mir nicht so recht vorstellen kann, wer das schauen soll. Allerdings gibt der Erfolg von gloria.tv denjenigen Recht, die dem Internet-TV im Bereich der Kirche eine gute Zukunft voraussagen.

In meinem Kommentar habe ich mich aber vor allem auf Soziale Netzwerke bezogen. Die katholische Kirche ist hier sehr verunsichert, wie da vorzugehen ist: Entweder mit allem Engagement hinein oder eher doch vorsichtig und abwartend. Ich habe im Kommentar versucht zu zeigen, das jede Institution es im Neuen Netz schwer hat und dies für die Institution Kirche vermehrt zutrifft. Es wäre also deutlicher zwischen institutionellen Bemühungen auf der einen und themen- und vor allem personenzentrierten Anstrengungen auf der anderen Seite zu unterscheiden. Für letztere Dimensionen sehe ich gute Möglichkeiten im Neuen Netz. Für diejenigen, die den Vortrag gehört haben, sind vielleicht die Folien interessant (slideshare).

Der Vortrag hat, so mein Eindruck, einen kleinen Startschuss geben können für eine sehr rege Diskussion über neue Formen der kirchlichen Kommunikation. Auch meine Idee einer Iphone-App, die den nächsten Gottesdienst in der Nähe anzeigt, ist offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen. Zuetzt: Getwittert wurde auch sehr rege, auch zu dem Vortrag von Jürgen Pelzer.